Selbstachtung
Selbstachtung ist mehr als Selbstbeachtung und keine Selbserhöhung. Es ist schön, wenn ich meine Bedürfnisse wahrnehme und beachte. Aber mit Respekt und (Hoch)Achtung von sich zu denken, ist ein Lernprozess, zu dem wir anregen möchten. Wer gelernt hat, gut über sich zu reden, der spricht auch über andere gut. Die Persönlichkeit hat sich entwickelt.
»Ich kann die Achtung aller Menschen entbehren, nur meine eigene nicht.«
Otto von Bismarck
Achtung, es geht um Sie!
Selbstachtung ist lebensfördernd
Wer schon einmal geflogen ist, kennt die Anweisungen der Stewardess vor dem Flug. Darin weist sie auf die Nutzung der Sauerstoffmaske hin. Die wichtige Regel dabei ist, zuerst sich selber die Maske aufzuziehen, um dann im Notfall anderen zu helfen. Wenn wir auf uns achten, bleiben wir lebens- und hilfsfähig für andere.
Bevor wir darüber nachdenken, was andere brauchen und was wir an uns ändern müssen, ist es hilfreich, ein wohlwollendes Verständnis für sich selbst einzuüben. Hier geht es darum, der Seele Raum zum Leben und zur Entfaltung zu bieten.
Selbstachtung lernt Entspannung und Achtsamkeit
In der Ruhe liegt die Kraft, heißt es in einem Sprichwort und wir googeln nach einem Schnellkurs. Sich Zeit zur Entspannung zu nehmen, um zur Ruhe zu finden, ist ein Freizeittrend geworden, der uns durch unser Leben hetzt. Immer weniger haben wir Zeit für andere, weil wir so viel Zeit für uns brauchen. Das aber ist mit Entspannung nicht gemeint. Entspannung ist ein natürliches Bedürfnis, so wie Schlaf es auch ist.
Achtsamkeit ist erst einmal eine erprobte Methode, um zur Ruhe und zu sich selbst zu kommen. Man ist versucht, es zu belächeln, weil so manche Angebote in dem Bereich wirklich schmunzeln lassen. Grundsätzlich aber ist das Aussteigen aus dem Gedankenalltag nachweislich eine wichtige Übung. Pausen dürfen wir nicht nur als Unterbrechung, sondern als Kraftquelle verstehen. Da helfen fest eingeplante Rituale oft mehr, als ein ständiges nach neuen Erlebnissen Suchen.
Selbstachtung lebt mit der Vergangenheit
Unser Erlebtes schon von Kindheit an begleitet uns und kann nicht einfach so hinter uns gelassen werden. Sich Zeit für die Erlebnisse zu nehmen und sie im Hier und Jetzt zu integrieren, schafft Freiräume. Fuhrbach wies mit seinem Buch „Es ist nie zu spät, eine Glückliche Kindheit zu haben!“ auf die Möglichkeit der Nachsozialisation hin. Zum Nutzen aller und auch für sich selbst ist die Aussöhnung mit der Vergangenheit und die Bewusstwerdung meiner dort verankerten Verhaltensmuster hilfreich. Manchmal ist es möglich, verpasste Entwicklungsphasen nachzuholen, indem ich im Sinne einer Erlebnisaktivierung positive Erlebnisse schaffe. Wir müssen nicht immer alles von früher aufdecken, um glücklich zu leben. Dabei mag es gelingen, unser Leben auch anders zu deuten.
Das "Nein" in der Suppe!
Wer sich mit Zeit für Abgrenzung beschenkt, wird klarer wissen und umsetzen können, was zur eigenen Persönlichkeit und Lebenssituation passt. Bei allen Anforderungen ein gesundes „Nein“ zu kennen, ohne Menschen abzulehnen, bewahrt uns davor, es allen recht zu machen und uns zu überfordern. So ist das „Nein“ eine wichtige Zutat zur Suppe des Lebens.
Wolfgang Konietzko
